Im Zuge eines Roadtrips durch Südschweden, machten wir Halt in Gräddö, um für 3 Tage auf eigene Faust mit dem Seekajak, den Stockholmer Schärengarten zu erkunden. Da wir vorher noch nie in einem Kajak gesessen hatten, haben wir am Tag vor unserem Tourstart noch an einem Einführungs- und Sicherheitstraining teilgenommen. Es ging los mit Materialkunde und Einweisung in das Paddelrevier, Vorfahrtsregeln, Navigationsgrundlagen und Verhalten auf dem Wasser und beim Camping an Land.
Anschließend ging es in’s Kajak und auf’s Wasser. Zugegebenermaßen war das am Anfang eine ganz schön wacklige Angelegenheit. So ganz anders, als man es vom Kanufahren gewohnt ist. Doch man bekommt ziemlich schnell ein Gefühl für das Boot und die Balance des eigenen Schwerpunktes und gewinnt somit Vertrauen. Es folgte eine Einweisung wie man die Paddel richtig – im Sinne von kräftesparend – führt und das Kajak mit dem Paddel steuert. Es folgten Übungen zum Bremsen, zum Seitwärts- und Rückwärtsfahren und zum Stabilisieren mehrerer Boote auf dem Wasser, um z. Bsp. eine Pause zu machen, sich zu besprechen oder in Ruhe zu navigieren.
Das Highlight und mit Abstand die wichtigsten Übungen kamen dann zum Schluss, nämlich wie man sich im Notfall beim Kentern verhält. Schon bevor wir auf das Wasser gingen, sagte man uns, dass wir am Ende nicht die Eskimorolle beherrschen werden, aber wir bekamen dennoch gezeigt, wie man sich aus seinem Boot befreit, es wieder umdreht, das Wasser herausbekommt und wieder einsteigt. Ohne diese wirklich lebenswichtige Übung sollte niemand, der unerfahren ist, auf eigene Faust lospaddeln.
Nachdem wir wieder an Land waren, die Kajaks und die Ausrüstung gereinigt und verstaut war, gab es noch eine Tasse Kaffee und ein Stück Kuchen, und dann wurde uns unser Kajakdiplom überreicht. Morgen kann’s dann losgehen. Hoffentlich spielt das Wetter mit. Die Vorhersage ist leider nicht so vielversprechend…

Warten, dass der Regen aufhört
Tatsächlich fing es in der Nacht an kräftig zu regnen und hielt bis zum Mittag an. Da wir nicht zu spät starten wollten, trafen wir am späten Vormittag unsere Vorbereitungen und packten die Kajaks im strömenden Regen. Kaum, dass wir auf dem Wasser waren, ließ der Regen nach, der Himmel riss auf und die Sonne kam zum Vorschein. Lediglich der kräftige Wind und eine unruhige See erschwerten unseren Start, der gleich zu Beginn ein längeres Stück durch eine Fahrrinne führte, die von vielen Schiffen genutzt wird.
Wir paddelten westwärts und gewöhnten uns zunehmend an das Zusammenspiel von Wellen, Wind, unserer Paddelschläge und der Gewichtsverlagerung zum Ausbalancieren. Mit jedem zurückgelegten Kilometer verlagerte sich die Aufmerksamkeit vom Boot und seinem Handling hin zur beindruckenden Umgebung. Fast lautlos in gleichmäßigem Rhythmus paddelnd , nur wenige Zentimeter über der Wasserfläche sitzend, durch diese atemberaubende Landschaft zu gleiten und dabei das Spiel des Windes und des Lichts auf den Wellen zu beobachten, hat was absolut meditatives.
Nach knapp 10 zurückgelegten Kilometern, hielten wir Ausschau nach einem geeigneten Platz zum Übernachten. Es brauchte ein paar Versuche bis wir fündig wurden. Entweder war der Untergrund zu feucht, oder zu uneben, oder die einzige geeignete Stelle war voller Ameisen. Zudem war auch nur eins von zwei Zelten ein Geodät, das sich ohne Heringe aufstellen ließ. Schließlich fanden wir einen ebenen, trockenen und windgeschützten Platz, der sogar noch einen tollen Blick über das Archipel im Sonnenuntergang bot. Wir ließen den Tag mit Nudeln und Dosenbier ausklingen. Auf ein Lagerfeuer verzichteten wir und gaben stattdessen dem warmen Schlafsack den Vorzug, um an Schwedens Gestaden einzuschlafen.

Ein perfekter Platz zum übernachten
Am zweiten Tag ließen wir uns von der Sonne wecken, und nach einem starken Kaffee, roten Bohnen und Speck, wurden die Zelte abgebaut und die Ausrüstung wieder in den Booten verstaut, um anschließend in See zu stechen. Wir paddelten südwärts und steuerten auf eine größere Insel zu. Beim Nährkommen fiel uns ein großes Schild auf, auf dem Kaffee und Waffeln für Paddler angeboten wurden. Außerdem sahen wir mehrere am Hang verteilte großes Tipis stehen, die unsere Neugierde weckten. Obwohl gerade erst losgefahren, entschieden wir uns trotzdem für einen Stopp und ein zweites Frühstück. Früh am Vormittag waren wir zwar noch die einzigen Gäste, aber der Kaffee und die Waffeln waren ganz hervorragend. Gelandet waren wir bei Fejan Outdoor, die neben einem Kajakverleih auch Tipis zum Übernachten anbieten. Wir kamen mit den Betreibern in’s Gespräch und ließen uns die luxuriös ausgestatteten Tipis zeigen. Alter Schwede – leider geil. Wer auf Glamping steht und bereit ist 300€ und mehr pro Nacht auszugeben, wird hier sicher auf seine Kosten kommen. Buchen lassen sich die Zelte von Mitte Mai bis Ende September.

Glamping Tipi
Nach diesem Zwischenstopp ging’s wieder in die Kajaks, denn wir wollten ja noch was von der Inselwelt sehen. Von der Insel Fejan paddelten wir dieses Mal in nordwestliche Richtung, um uns die Inseln südwestlich von Gisslingö anzusehen. Wieder ohne ein wirklich festes Ziel vor Augen, ließen wir uns dahintreiben und genossen die Natur, die Ruhe und die Stimmung dieser wunderbaren Inselwelt. Am späten Nachmittag fingen wir wieder an, nach einem Platz zum Übernachten Ausschau zu halten. Auch dieses Mal brauchte es ein paar Anläufe, bis wir eine geeignete Stelle fanden. Wieder wurden die Kajaks sicher an Land gezogen, die Zelte aufgebaut, und das Abendessen zubereitet. Dieses Mal gab’s Trekking-Essen aus der Tüte. So oft stand ich bei Globetrotter schon davor und hatte sie in der Hand, aber eigentlich nie eine richtige Verwendung, um einen Kauf zu rechtfertigen. Dieses Mal konnte ich mir einreden, dass wir ja nur sehr wenig Platz im Kajak haben, und es daher unbedingt diese Gerichte sein müssen. Man braucht nur etwas kochendes Wasser, und schon hat man eine ganz passable Mahlzeit.

Outdoor Fast Food
Nach dem Essen genossen wir noch einen Moment die Ruhe und die hereinbrechende Nacht, bevor uns dann die aufkommende Kälte und der Wind in die wärmenden Schlafsäcke und in die Zelte trieb. Der Wind ließ die ganze Nacht nicht nach und ruckelte an den Zelten, was einen etwas unruhigen Schlaf zur Folge hatte.
Am nächsten Morgen hingen graue Wolken tief am Himmel und das schöne Wetter von gestern war vorbei. Ein kurzer Blick in die Wetter App verhieß ebenfalls nichts Gutes für den Tag, also hieß es Sachen packen und los, bevor der Regen einsetzt. Ist man erstmal auf dem Wasser, ist Regen nicht so schlimm. Nur beim Zusammenpacken stört er, weil alles nass und klamm wird. Wie immer blieb noch Zeit für einen schnellen Kaffee, und Dank des Jetboils war er auch im Handumdrehen fertig. Anschließend paddelten wir auf mehr oder weniger direktem Weg zurück Richtung Gräddö. Ziemlich starker Wind und ordentliche Wellen machten die Rückfahrt noch zu einer echten Herausforderung aber auch zu einem tollen Erlebnis. Gegen Mittag legten wir noch einen Stopp auf der Insel Lidö ein, um uns für die letzten Kilometer zu stärken.
Am Nachmittag erreichen wir dann erschöpft aber glücklich den Hafen in Gräddö, geben die Kajaks zurück, und gönnten uns ein letztes Mal die wirklich hervorragenden Roastbeef-Stullen im Bryggkafe gegenüber des Kanuverleihs an der Kaimauer mit Blick auf den Yachthafen.

Das Bryggcafé – ein Platz an der Sonne
Hier lässt sich die Tour noch mal im Detail ansehen. Start- und Endpunkt war in Gräddö, die beiden Marker zeigen wo wir gezeltet haben.
Tipps zum Kajakfahren in den Schären
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Anfängern ist unbedingt anzuraten eine Einweisung inklusive Sicherheitstraining mitzumachen.
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Ort und Termin vorab recherchieren und festlegen und Kajaks dann entsprechend reservieren.
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Wir haben die Tour bei einem deutschen Anbieter gebucht, würden aber in Zukunft direkt bei dem Kajakverleih buchen.
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Kopfbedeckung, Sonnenbrille und Sonnencreme unbedingt dabeihaben.
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Auf eine Seekarte der Region inklusive Kajak-Kompass bestehen. Zusätzlich ein GPS Gerät dabeizuhaben ist nicht verkehrt.
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Mobiltelefon inkl. Zusatzakku wasserfest verpackt mitnehmen. Für den Fall, dass man doch mal Hilfe rufen muss.
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Sich mit den Grundlagen der Navigation vertraut machen. Vor allem muss allen in der Gruppe klar sein, wie man seine Position, inkl. Koordinaten bestimmt, und wie man einen Notruf absetzt.
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Taschen- bzw. Stirnlampe dabeihaben.
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Ausreichend Trinkwasser mitnehmen. Ich vermeide zwar Plastikflaschen soweit wie möglich, aber zum Verstauen im Kajak sind sie meine erste Wahl.
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Jeder sollte einen Küchenschwamm oder ein Schwammtuch griffbereit haben, um Wasser, das sich auf dem Spray oder im Kajak sammelt, aufzunehmen.
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Zelt, Isomatte, Schlafsack. Das Zelt sollte ein möglichst kleines Packmaß haben, und idealweise auch ohne Heringe von alleine stehen.
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Mehrere wasserdichte Packsäcke (max. 35 Liter) für Alles, was man so dabeihat. Vor allem Ersatzkleidung, Schlafsack, Isomatte und Zelt sollten trocken bleiben. Alternativ gehen feste Plastiksäcke, aber die scheuern dann doch schnell durch beim Ein- und Ausladen.
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Neoprenschuhe oder wasserfeste Sandalen (!) halten zum einen die Füße warm und idealerweise trocken und geben Trittsicherheit beim Ein- und Aussteigen sowie an Land.
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Wind- und wasserfeste Jacke mit Kapuze; ideal sind Kajakjacken mit Neoprenmanschetten an den Handgelenken. So läuft einem das Wasser beim Paddeln nicht in den Ärmel. Ich habe mir eine gebrauchte für 10 Euro gekauft. Die hat auch noch eine große Brusttasche mit Reißverschluss, was wirklich enorm praktisch ist.
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Wir waren zu dritt unterwegs und hatten jeder ein 1er-Kajak. Zum einen ist es sicherer, im Falle, dass einer kentert. Zum anderen ist man flexibler gerade beim Erkunden potentieller Lagerplätze.
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Brillenträger sollten unbedingt an ein Brillenband denken.
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Funktionsbekleidung und Fleece ist Baumwolle und Jeans vorzuziehen.
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Ein schnelltrocknendes Reisehandtuch und Badehose/ -anzug zum Drunterziehen
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Gas- oder Spirituskocher inkl. genügend Brennstoff sowie Topf, Pfanne, Becher und Besteck
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Messer, reißfestes Gewebeklebeband (Panzerband), Feuerzeug, Streichhölzer, 20m dünnes Seil bzw. Universalschnur
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Lebensmittel, z. Bsp. Nudeln, Haferflocken, Müsliriegel, Schokolade, Tee, Kaffee, Milchpulver, Äpfel, Banane, Fertiggerichte
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Insektenmittel nach Bedarf
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Ersatzbatterien
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Erste Hilfe Set (!)
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Eine Schwimmweste bekommt man in der Regel vom Verleiher und das Tragen ist Pflicht.
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Handlenzpumpe, für den Fall, dass man alleine mit dem Kajak unterwegs ist.
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